Feedback als Form der Selbstreflexion
May 02, 2023
Die Selbstreflexion ist eine Form der Betrachtung, die sich mit unserem persönlichen Verhalten und der Wirkung unserer Person auf andere (Gefühle, Ansichten, Motivationen, Wahrnehmungen etc.) befasst. Die Selbstreflexion ist ein wesentliches Merkmal der Persönlichkeitsbildung.
Zwar ist es durchaus üblich, dass sich jeder Mensch Gedanken über sich selbst macht, dennoch ist die Analyse oft halbherzig, einseitig oder sehr kritisch. Selbstreflexion ist hingegen die Fähigkeit, das eigene Verhalten möglichst objektiv wahrnehmen und analysieren zu können, um daraus die eigene Position der Welt und anderen Menschen besser wahrzunehmen.
Inhaltsverzeichnis
- Selbstreflexion muss erlernt werden
- Die Bereitschaft zur Selbstreflexion erhöht die Chance zur Flexibilität von Denk- und Handlungsmustern.
- Feedback einholen und Feedback geben
- Der Umgang mit Feedback
- Du bist dein:e beste:r Mitarbeiter:in
Selbstreflexion muss erst erlernt werden.
Eine Form der Selbstbetrachtung können wir erlernen, indem wir uns gedanklich neben uns selbst zu stellen und uns selbst wie eine andere Person beobachten. Das fällt sicher nicht leicht, aber es ist erlernbar.
Solange alles läuft „wie geschmiert“ besteht meist keine Bereitschaft zur Selbstreflexion. Mehr über uns zu wissen, an unseren inneren Überzeugungen zu arbeiten, das emotionale Verständnis für verschiedene Blickwinkel zu vergrößern, uns in andere Personen hineinzuversetzen, unsere Rolle bewusst zu reflektieren hat dann keine Priorität.
Es geschieht meist unerwartet, wenn zum Beispiel Veränderungen Verunsicherung auslösen. Dann sind wir gefordert, darauf zu reagieren. Etwa bei der Übernahme neuer Aufgaben oder aber auch bei Konflikten mit Kolleg:innen. Wissen, Fähigkeiten, Methoden und Fertigkeiten einzusetzen, ist eine Form auf Veränderungen zu reagieren. Die gleichzeitige Entwicklung unserer Persönlichkeit ist die andere.
Der Prozess der Selbstreflexion ist darauf angelegt, vorgeprägte Gedanken- oder Handlungsmuster zu hinterfragen, Zugang zu den eigenen Energieressourcen zu erschließen und möglicherweise ganz neue Handlungsoptionen ins Bewusstsein zu rücken, die das Verhalten und die Kommunikation prägen.
Die Beantwortung einiger Fragen kann helfen, den Prozess der Selbstreflexion zu strukturieren:
- Wie nehmen mich andere Personen wahr?
- Was sind meine Ziele?
- Worauf bin ich stolz?
- Was fällt mir schwer?
Die Bereitschaft zur Selbstreflexion erhöht die Chance zur Flexibilität von Denk- und Handlungsmustern.
Durch Selbstreflexion ergibt sich allerdings die Chance, nicht nur in schwierigen Situationen gute Wege zu finden, und diese auch zu gehen. Hilfreich kann es auch sein, sich Unterstützung durch eine Vertrauensperson zu holen, um die Reflexionskompetenz auszubauen.
Eine sehr effektive Methode, Selbstreflexion zu erlernen, ist das Einholen von Feedback. Feedback ist eine persönliche Nachricht an einen Mitmenschen.
In Zeiten, in denen wir unsicher sind und nicht gerade vor Selbstvertrauen strotzen, quälen uns Fragen wie “Wie wirke ich auf andere“? oder „Was werden andere denken, wenn ich wieder nicht alle versprochenen Aufgaben erledigt habe?“ Doch wir haben Angst vor den Antworten, die wir bekommen könnten, wenn wir nachfragen. Also bleiben wir möglichst kritisch mit uns selbst, um keine schlechte Nachrede zu haben.
Besser ist es schrittweise anzufangen nachzufragen und sich in Zukunft selbst besser einschätzen zu können.
Feedback einholen und geben
Das Feedback, welches uns andere geben, bleibt am besten so im Raum stehen. Wir verteidigen uns und rechtfertigen uns nicht. Denn unser Gegenüber hat uns so, wie er es erzählt, wahrgenommen – daran können wir nichts ändern. Die Außenwirkung unserer Person ist eben nicht immer die gleiche wie unsere persönliche Ansicht. Zum Schluss bedankt man sich für das Feedback und geht auseinander. Diese Form ermöglicht es uns, gezielt Menschen auszusuchen, die uns Feedback geben sollen. Diese Form ist manchmal sehr heikel, weil uns vielleicht Menschen ein Feedback geben wollen, von denen wir es nicht hören wollen. Darin liegt aber gerade der Wert dieses Feedbacks. Eventuell bringt es uns in unserer Entwicklung wesentlich weiter, wenn uns eher ferner stehende, oder unsympathische Menschen einmal ehrlich unsere Wirkung auf sie mitteilen – anstatt die Meinung von uns nahe stehenden Personen zu hören, die uns möglicherweise nur das sagen, was wir hören wollen.
Bitte die Person sich an folgende Feedback-Regeln zu halten
- Feedback soll beschreibend sein. Indem man moralische Bewertungen unterlässt, vermindert man im anderen den Drang, sich zu verteidigen und die angebotenen Informationen abzulehnen.
- Feedback soll nicht bewerten oder interpretieren.
- Feedback soll in der Ich-Form gegeben werden. Die Person soll rückmelden, was sie selbst wahrgenommen hat und wie sie sich im Umgang mit dir fühlt oder in der Situation gefühlt hat.
- Feedback kann zerstörend wirken, wenn man dabei nur auf die eigenen Bedürfnisse achtet und die Bedürfnisse der anderen Person, der man diese Information geben will, nicht genügend berücksichtigt.
- Das Feedback muss sich auf Verhaltensweisen oder Umstände beziehen, auf die du als Empfänger:in auch Einfluss hast.
- Feedback ist dann am wirksamsten, wenn du selbst die Frage formuliert hast. Es soll auf keinen Fall aufgezwungen werden.
- Feedback ist am effektivsten, je kürzer die Zeit zwischen dem betreffenden Verhalten und dem Feedback ist.
Durch Rückfragen kannst du überprüfen, ob das Feedback klar und verständlich war. Dabei geht es nicht darum, sich zu rechtfertigen, sondern nachzufragen „Habe ich das richtig verstanden, dass du dich in der Situation unwohl gefühlt hast?“ usw.
Um zu erfahren, wie du in einem bestimmten Punkt, einer bestimmten Situation, gewirkt hast, frage am besten konkret nach. „Wie habe ich – eurer Meinung nach – auf die Gruppe gewirkt?“ Es gibt verschiedene Formen von Feedback, die eine gewisse Vorgehensweise verlangen, um konstruktiv genutzt werden zu können.
Genauso wie sich Kommunikation nicht nur auf die Ebene des gesprochenen Wortes reduziert und auch nonverbale Signale beinhaltet, kann man Kommunikation auch nicht rein auf die Ebene der Weitergabe von Sachinformation reduzieren, es spielen immer auch die Gefühls- und Beziehungsebene mit.
Eine Nachricht kann folgende 4 Aspekte beinhalten:
- Sachaspekt: Klare und verständliche Mitteilung
- Beziehungsaspekt: Diese Mitteilung bringt zum Ausdruck, was die Person von dir hält
- Selbstoffenbarungsaspekt: Einblick in die Persönlichkeit der Feedback gebenden Person
- Appell- Aspekt: Die Vorstellungen der Person bzw. die Tatsache, dass sie etwas bewirken will
Konflikte in der zwischenmenschlichen Kommunikation treten oft dann auf, wenn zwei Gesprächspartner:innen auf verschiedenen Ebenen über (scheinbar) ein und dieselbe Sache sprechen.
Für die Person, die Feedback erhält, ist wichtig:
- Argumentiere, rechtfertige und verteidige dich nicht.
- Höre nur zu, frage nur nach, um Missverständnisse zu klären.
- Denke stets daran: Es geht beim Feedback nicht darum, wer Recht hat, sondern nur um persönliche Wahrnehmungen und Mitteilungen.
- Du entscheidest selbst, ob und was du an deinem Verhalten ändern willst.
Der Umgang mit Feedback
Am Ende einer jeden Selbstreflexion steht die Frage: „Was lerne ich daraus für meine Person und für mein Handeln?“
Eine Reflexion, auch die Selbstreflexion, ist sinn- und nutzlos, wenn sich daraus keine Konsequenzen ergeben. Aber gerade dieser Punkt, ist häufig ein Problem. Es gilt nämlich, erkannte Schwächen, Fehler oder Fehlverhalten nicht zu übergehen („der spinnt doch“), andererseits aber auch nicht überzubewerten („ich bin unfähig“) und den Mut zu verlieren. Du solltest dir Zeit nehmen und das Gehörte aussortieren. Dabei können Notizen und eine Auflistung der Antworten folgender Fragen helfen.
- Wo sehen mich andere so, wie ich mich selbst sehe?
- Kann ich Fähigkeiten und Fertigkeiten ausbauen, die andere in mir sehen?
- Kann ich eventuell diese Kompetenzen öfter einbringen?
- Wo unterscheiden sich Selbstbild und Fremdbild?
- Warum nehmen andere mich in dieser Form wahr?
- Kann ich Fehler vermeiden? Wo liegen die Quellen dieser Fehler?
- Wer kann mir helfen, meine Schwächen aus dem Weg zu räumen?
- Was kann ich tun, damit die anderen mich so wahrnehmen, wie ich mich fühle/empfinde?
Egal wie das Feedback aussieht, tendieren wir dazu zwischen den Extremen „interessiert mich nicht“ und „meine Welt bricht zusammen“ zu schwanken. Wir sind im ersten Moment zu befangen, um das Feedback richtig aufnehmen zu können.
Möglicherweise bekommst du nur positives Feedback und die Fremdwahrnehmung deckt sich mit der Selbsteinschätzung. Dann versuche das Feedback anzunehmen, ohne es zu relativieren.
Urteile also nicht vorschnell über die Brauchbarkeit der Aussage. Lass die Worte sacken, schlaf einmal darüber und greife erst am nächsten Morgen jene Argumente wieder auf, die dich am meisten beschäftigen. Sie sind es, die dich weiterbringen!
Du bist dein:e beste:r Mitarbeiter:in!
Als Solo-Selbstständig:r bist du nicht nur der Chef oder die Chefin in deinem Unternehmen, du bist auch dein:e beste:r Mitarbeiter:in. Entsprechend kannst du dich beurteilen aber auch motivieren.
Die oben beschriebenen Feedbackregeln gelten im Idealfall auch für die Kommunikation mit dir selbst. Das fällt im ersten Moment nicht so leicht. Genau wie die Sicht auf deine Freunde durch die rosarote Brille immer wohlwollend ist oder die Kritik über unsympathische Menschen in deinem Umfeld immer harsch ausfällt, tendieren wir dazu, uns nicht objektiv betrachten zu können.
Hier gilt wie sonst auch: Übung macht den Meister! Zum Beispiel durch eine regelmäßige Me-Mail, eine E-Mail als Kopf deines Unternehmens an dich selbst, wo du dich für deine Leistungen lobst, Wünsche auf Änderung anbringst und klar formulierst, was gut oder schlecht läuft. Schick dir Mail wirklich ab und lese sie mit etwas Abstand als Mitarbeiter:in. Du wirst sehen, dass diese beiden Rollen sich klar unterscheiden und eine gute Kommunikation zwischen den beiden Positionen aufbauen sollst.
Auf gute Zusammenarbeit mit dir selbst!